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Freitag, 21. März 2014
MANAVGAT: dumme Touristen wie wir.
ratte
10:16h
Letzter Tag, die Koffer mit allem gepackt was nicht ins Handgepäck muss (oder darf, wie die Taschenmesser zB.), verfahren wir uns erst mal wieder auf dem Weg zu den Wasserfällen nach Manavgat. Nachdem wir auch dort bereits waren, müssen wir nicht mehr auf die Aussichtsplattformen. Und nachdem wir uns auch in dieser Gegend auf der Suche nach Seleukia und einer antiken Brücke schon einmal verfahren haben, brumme ich irgendwann zu meinem Mann „ich weiss ja nich wo du eigentlich hin willst, aber in diesem Dorf waren wir schon mal, und mussten drehen weil die Straße da vorne aufhört“. Die Straße ist tatsächlich erst ein paar Meter weiter zu Ende, auch hier hat man zwischenzeitlich kräftig gebaut. Und dann geht es auf dem Feldweg weiter. Eine Grotte finden und erkunden. In der Ferne eine nicht bekannte Ruine finden und den Satz ignorierend „da ist kein fahrbarer Weg, ich würde da hin lieber laufen“, ebenso wie den Satz „Schatz, da ist es grün, da steht der Schlamm knietief...“ und schneller als gesprochen steckten wir also fest mit dem Renault Symbol, die Räder beinah bis zum Bodenblech im Schlamm. Der Autoverleiher ist natürlich überglücklich einem gerade so verkniffenen Schreikrampf nahe, als er das unglaublich verdreckte Auto zum Waschen schicken muss. Als wir zugeben, ziemlich viele Feldwege gefahren zu sein, auch bei Unwetter, dass das Abschleppseil im Eimer ist, sehe ich einen Hauch von Panik in seinen Augen und dem Klang seiner Stimme bei der Frage ob denn der Unterboden was abgekriegt hat. Dämliche Deutsche eben, die in Schlammwiesen steckenbleiben, durch antike Vorgärten marschieren, zu blöd zum Klettern sind, und nix anständiges zum Essen haben. Und noch bei Sturmwetter im Cafe sitzen und Nescafe ohne Milch und Zucker saufen. Und Namen haben, die so lang sind dass es in keine Eingabemaske passt, weswegen es bei der Flughafenabfertigung immer Probleme gibt. ... Link (1 Kommentar) ... Comment
SIDE: Sandbilder.
ratte
10:16h
Ich bin nicht zum ersten Mal hier, nur: diesmal hab ich mein Skizzenbuch dabei. Und der merkwürdige Unterschied zum letzten Mal ist, dass sich um den Apollo-Tempel herum ein eingezäunter Menschenauflauf befindet. „Irgend ein Minister ist gerade da“ spricht der Kellner der Bar direkt über den Felsen. Vorher waren wir noch im Museum. Beim ersten Besuch war es schon zu spät, beim Zweiten ein Montag (da hat es geschlossen), und jetzt, beim Dritten, brauchten wir als Erstes ein Klo. Menschen, die ihr Leben in Städten verbringen, vergessen schnell, dass ein anständiges Klo die einzig wahre wichtige Erfindung der Zivilisation ist. Ich könnte ein Buch füllen mit abenteuerlichen Geschichten über Toiletten in ganz Europa. Aber jetzt bin ich Türkei, und habe erstmal Museum. Der Minister – oder wer auch immer da gerade einen kulturell relevanten Vortrag hält, hält ihn nicht zu Unrecht. Nicht, weil gerade offenbar sowas wie Wahlkampf ist, überall begegnen einem laut trötende Partei-Busse jeglicher Couleur. Nein, der Apollo-Tempel, so wie ich ihn kennengelernt habe, ist ein Anderer. Der gesamte Platz um den Tempelrest wird – soweit das überhaupt geht – rekonstruiert und wieder aufgebaut, aber nicht, wie man das normalerweise in Europa macht. Alles vermeintlich Grosse und Ewige und Geniale ist vergänglich. Alles holt sich die Welt zurück, was der winzige, sich so wichtig nehmende Mensch hinterlässt. Und hier ist merkwürdigerweise der Ort, an dem man das deutlicher spüren kann als sonstwo. Vielleicht auch, weil eifrige Christen „Halleluja“ an Mauern schmieren in denen Muslime leben, wie rücksichtsvoll. Weil es diesmal Hunde sind, die in den Ruinen leben, die uns führen und uns zu einer atemberaubenden Ausgrabungsstelle lotsen. Die alte Stadt liegt gut zwei Meter unter Sand. Und dazwischen blühen seltene Orchideen und andere Pflanzen. ... Link (0 Kommentare) ... Comment
SELGE: hartes Leben.
ratte
10:15h
Ok, zweiter Versuch Selge zu finden. Beim ersten Mal hatten wir im Gewitter die falsche Abfahrt, und fanden im Unwetter nur noch eine Sackgasse mitten im Niemandsland. Nicht vergessend des Restaurants „Flamingo“, eigentlich eine Rafting-Station, in der man uns für aberwitziges Geld eine übersichtliche, aber vor Öl triefende Mahlzeit aufgetischt hatte. Interessanter die alten Gartengeräte an der Wand, von denen eines aussah als wäre es mindestens 100 Jahre alt – und exakt so aussah wie ein Bronzeartefakt aus Halle, dessen Sinn bis heute nicht bekannt ist. Hier ist es offenbar eine Art Grabstock, eine spitze, hölzerne Hacke für sehr kleine Gewächse, ich vermute Kräuter oder Salat. Der Weg nach Selge, einer laut Touristenführer zerfallenen römischen Stadt mit Amphitheater und Konsorten, ist allein schon ein Abenteuer, und erinnert eher an die Serpentinen, die sich zu schweizer Bergdörfern schlängeln. Einspurig, hart am senkrechten Fels, kein wirklicher Fahrbahnbelag. Hin und wieder begegnen einem Offroad-Kolonnen von Touristen, wie ich sie im Sommer schon gesehen habe. Irgendwo am Weg steht eine ältere Frau, winkt gut gelaunt, fragt, ob wir nach Selge fahren, und steigt einfach ein. Nicht die erste irgendwie gut gelaunte Frau, die wir hier sehen, und die alle irgendwie mitten im senkrecht bewaldeten Gebirge herumklettern. Ganz oben dann, beinahe außerhalb der Baumgrenze, tauchen plötzlich steinumrandete, ovale Felder auf, in die flachen Täler geschmiegt, und Häuser... und eine Dolmusch-Station. Das also ist Selge, und kein Touristenführer erwähnt: Dort leben nach wie vor Menschen. Mitten IN den Ruinen. Auf eine Art, die mich an die Inka-Dörfer Perus erinnern. Was mich hier zieht, ist die Lebensfreude dieser Frauen, ihr offenes Lachen, denn so habe ich das noch nie erlebt. Dieses Dorf ist ein Frauendorf, und wie unsere junge Führerin zu Beginn andeutete: sie rennen den ganzen Tag hin und her, entweder hinter den kleineren Kindern oder den Ziegen hinterher, erledigen, pflanzen Weizen für Brot, und wenn sie nichts zu tun haben basteln sie Touristenzeugs und lernen Sprachen. Wenn sie nicht gerade irgendwo in den Bergen herumsteigen und Ziegen suchen. Denn es gibt ja keine Männer, um die man sich kümmern müsste. ... Link (0 Kommentare) ... Comment
HÖHLE KARAIN: Ton, Steine, Scherben.
ratte
10:15h
Irgendwo am Ende der Welt, einige Kilometer von Antalya entfernt, mitten in einer abgelegenen Berggegend zwischen fruchtbaren Feldern und bizarren Felsmassiven versteckt, liegt die Höhle von Karain. Die man freilich finden kann, weil es Wegweiser gibt. Und über die ich ausnahmsweise schon vorher ganz grob weiss, dass man dort nahezu unterbrechungsfrei menschliche Überreste zwischen Neandertaler-Kultur und griechischen Kulten hat finden können. Laut Reiseführer sollte dort ein kleines Museum stehen, und die Begehung nur mit einem Führer möglich sein. Nachdem wir uns wie immer zunächst furchtbar verfahren hatten und so im Hinterland Bergmassive zu Gesicht bekamen die uns schier die Sprache verschlugen, merkwürdige Mauerreste unseren Weg kreuzten die in keinem Führer vermerkt sind, aber älter sein müssen als die Römische Besatzung, fanden wir in einer verlassenen Gegend ein beinahe verlassenes Pförtnerhaus, zahlten unsere 5 TL Eintritt, und wurden dann den Berg hinaufgeschickt, ohne Führer. Einsam kletterten wir erneut wie die Bergziegen den Hang hinauf, immer den Wegmarken nach. Bis es wieder Bäume gab – die einen Höhleneingang versteckten. Und noch einen. Und eine alte Infotafel. Ja, hier hatte es wohl zu anderen Zeiten Touristen gegeben. So unscheinbar die Höhle von aussen scheint, so grandios eröffnen sich einem dort reliefartig ausgewaschene Decken, Reste von „Vorhängen“ (so nennen sich vorhangartige Tropfsteine), Felssäulen, und je weiter man ins Innere klettert, atemberaubende Hallen mit natürlichen Emporen und Galerien, Podesten und: vom Ruß der Jahrtausende geschwärzten Decken. Die 2,5m hohen „Grabungsschnittsäule“, welche die zuständige Archäologin zu Demonstrationszwecken stehen gelassen hat, ist wegen des Regenwetters mit Planen verhüllt, überhaupt ist es in der Höhle glitschig durch den Regen der letzten Monate. Das Erkunden ist somit eher eine Rutschpartie denn eine Begehung, und ich verfluche meine Lowas, die bei nassen Untergründen auf Fels, Beton, Teer oder im Schlamm wie Schlittschuhe reagieren. Aber ich habe ja Hände und einen gut gepolsterten Hintern. Und ich ärgere mich, den Rucksack im Auto gelassen zu haben, eine Taschenlampe wäre nicht schlecht gewesen. Nach dem Abstieg fragen wir nach dem „Museum“, aber man sagt uns, dass alle Stücke vor ein paar Jahren nach Antalya gekommen sind. Erneut denke ich „die Funde müssen dorthin, wo sie hingehören... sonst gehen sie verloren für die Geschichte, die sie erzählen.“ ... Link (1 Kommentar) ... Comment |
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last updated: 23.02.20, 04:41 Youre not logged in ... Login
das ist das Leben. Es
besteht aus einer Ansammlung von Verlusten, mit denen man...
by ratte (28.03.18, 06:25)
Interessant. Nun sitz ich da
mit meinem frisch und ungewaschenen Hals, und wundere mich über...
by ratte (22.03.18, 07:28)
denken ist nicht degoutant lies
das wintermärchen doch einfach mal da wirst du vieles von...
by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)
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