Freitag, 21. März 2014
MANAVGAT: dumme Touristen wie wir.

Letzter Tag, die Koffer mit allem gepackt was nicht ins Handgepäck muss (oder darf, wie die Taschenmesser zB.), verfahren wir uns erst mal wieder auf dem Weg zu den Wasserfällen nach Manavgat. Nachdem wir auch dort bereits waren, müssen wir nicht mehr auf die Aussichtsplattformen. Und nachdem wir uns auch in dieser Gegend auf der Suche nach Seleukia und einer antiken Brücke schon einmal verfahren haben, brumme ich irgendwann zu meinem Mann „ich weiss ja nich wo du eigentlich hin willst, aber in diesem Dorf waren wir schon mal, und mussten drehen weil die Straße da vorne aufhört“.
Ich dachte früher immer, „Truchseß-Reisen“ sei die Krone des Chaos, heute weiss ich: mein Mann kann das viel besser. Denn der findet am Ende jeder Verfahrerei (täglich mindestens einer) irgend ein witziges Ding, merkwürdige Orte, abenteuerliche Erfahrung und Entdeckung. Der Unterschied ist, dass mir immer das Benzin ausgeht – ihm nicht. Bei mir ist es eher Unfall, bei ihm Zufall. Zusammen sind wir unschlagbar.

Die Straße ist tatsächlich erst ein paar Meter weiter zu Ende, auch hier hat man zwischenzeitlich kräftig gebaut. Und dann geht es auf dem Feldweg weiter. Eine Grotte finden und erkunden. In der Ferne eine nicht bekannte Ruine finden und den Satz ignorierend „da ist kein fahrbarer Weg, ich würde da hin lieber laufen“, ebenso wie den Satz „Schatz, da ist es grün, da steht der Schlamm knietief...“ und schneller als gesprochen steckten wir also fest mit dem Renault Symbol, die Räder beinah bis zum Bodenblech im Schlamm.
Doch welch ein Glück: an Sonntagen (und es ist grad Sonntag) zelebrieren die Einheimischen eine Mischung zwischen „mal eben wüst mit dem Trekker durchs Gelände cruisen“ und „Familienausflug“. Insofern: der Trekkerfahrer der uns helfen wollte konnte nix ausrichten, das Abschleppseil riss. Dann tauchten, wie von Zauberhand, plötzlich die Männer eines ganzen Dorfes auf, und zu sechst schoben sie den Renault mal eben aus dem Sumpf. Mit einem nachsichtigen „basstscho“.
Wieder auf festem Boden springe ich aus dem Auto und küsse den Asphalt.
Und den Mund noch voller Dreck kommen wir tatsächlich irgendwann zu den Wasserfällen nach Manavgat, zum Picknickplatz der Einheimischen, versorgen uns irgendwie mit Brot, Käse und Wurst, bis irgendwem auffällt, dass die Wurst ja in Plastik verschweisst ist – und wir kein Messer haben. Auch keine Schere. Sogar die Nagelfeile liegt im Koffer im Hotel. „Frag irgendwen hier, bei so vielen Familien wird doch wohl irgendwer ein Messer haben“ schlage ich vor, und das Ergebnis ist irgendwie nett und beschämend gleichzeitig.
Da hocken wir, die „deutschen Touristen“ mit unseren mittlerweile dreckigen Hosen, Schuhen und Pullis, eher wie Penner denn Touristen, bitten um ein Messer um nicht zu verhungern, und werden urplötzlich mit Essen beschenkt. Frische Tomaten und Paprika, frisch gebackenes Fladenbrot, das köstlichste Köfte das ich je gegessen habe, frisch vom Grillschwert.

Der Autoverleiher ist natürlich überglücklich einem gerade so verkniffenen Schreikrampf nahe, als er das unglaublich verdreckte Auto zum Waschen schicken muss. Als wir zugeben, ziemlich viele Feldwege gefahren zu sein, auch bei Unwetter, dass das Abschleppseil im Eimer ist, sehe ich einen Hauch von Panik in seinen Augen und dem Klang seiner Stimme bei der Frage ob denn der Unterboden was abgekriegt hat.
Danach gehen wir, verdreckt wie wir sind, eine ordentliche Schmutzspur hinterlassend in den blank polierten Speisesaal 30 Minuten vor Schließung, denn in 60 Minuten kommt der Shuttlebus. Und die Tischkellnerin guckt etwas schief, weil wir Kaffee ordern und keine Zimmernummer vorweisen können.

Dämliche Deutsche eben, die in Schlammwiesen steckenbleiben, durch antike Vorgärten marschieren, zu blöd zum Klettern sind, und nix anständiges zum Essen haben. Und noch bei Sturmwetter im Cafe sitzen und Nescafe ohne Milch und Zucker saufen. Und Namen haben, die so lang sind dass es in keine Eingabemaske passt, weswegen es bei der Flughafenabfertigung immer Probleme gibt.
Menno.

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werde diesen faden in den nächsten tagen wieder aufnehmen
email versprochen

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das wintermärchen doch einfach mal da wirst du vieles von...
by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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