Freitag, 6. November 2009
W.Hohlbein: Hagen von Tronje.

Auf so ner Waldorfschule is das "Nibelungenlied" Pflicht. Und schon damals war mir klar: ich mag weder schön Siegfried, noch dessen Vollbrötchen Kriemhild. Vor allem der Propaganda wegen, die das Nibelungenlied zum Hohelied an einen blonden Recken macht, und den eigentlichen Held der Geschichte zum Bösewicht deklariert. Und jeder, der nur einen Funken Ehre und Solidarität im Leibe hat, weiss, dass der eigentliche Held der Geschichte -- nicht der Dichtung -- Hagen von Tronje ist.
Nachdem ich zusätzlich einen gediegenen Hang zu Märchen, Sagen und Legenden habe, war ich also hoch erfreut, irgendwann die "Sigurd-Sage" in Händen zu halten, die, älter als das Nibelungenlied, dieselbe Geschichte erzählt, allerdings mit völlig anderem Hintergrund (hier ist Schwiegermutter Ute die Böse), und irgendwann zu kapieren, dass das Märchen von Dornröschen sowie der sagenhafte Untergang der Amazone Penthesilea in der Ilias (der Untergang Trojas, von dem es zu viele Indizien gibt, die beweisen, dass die Legende um Troja eigentlich aus dem zentral-asiatischen Gebiet stammt, wie m.E. auch die Sagas samt der dazugehörigen "Germanen") aus demselben Stoff bestehen, nur von einer ganz anderen Warte aus.

Nach meinem Ärger über das Verschwinden der eigentlichen Helden Hagen und Brunhild zu meinem 17. Lebensjahr beschloss ich, die Sache richtig zu stellen, und einen Roman zu schreiben. Noch im selben Monat kam Hohlbeins "Hagen von Tronje" auf den Markt, was meinem Wunsch nach einer "anderen" Nacherzählung aus eigener Feder völlig den Garaus machte. Ich war geschlagen, noch bevor ich begonnen hatte. Man schreibt als Teenie-Noname keinen Roman mit demselben Titel wie ein Hohlbein, denn der beherrscht den Markt, und schreibt dank seiner Dualität (Trinität?) mehr Bestseller, als ich lesen kann. Und will. Wie Siegfried selbst.

Es hat also runde 23 Jahre gedauert, bis ich ihn endlich gelesen habe. Das war gut, denn nun kann ich diese Idee getrost wieder aufnehmen. Abgesehen davon wäre meine Geschichte tatsächlich eine andere.

Hohlbein hält sich akribisch an das Nibelungenlied, und übergeht jede historische Unmöglichkeit mit der Vorlage (es gab zur Burgunderzeit kaum Burgen aus Stein, Island war noch nicht entdeckt, Wikingerschiffe gabs auch noch keine, und auch die "Walküren" haben nie existiert, sondern sind eine Mythe der Saga-Spätzeit, als die Kampf-Druidinnen und Amazonen längst ausgestorben waren. Was er aber beschreibt, und nicht zu knapp, ist das schwelende Irgendwas zwischen Hagen und Kriemhild, das permanente Frieren in steinernen Burgen, und die Auswirkungen beständiger Lügen und Tatsachen, die schlicht unter dem Tisch landen. Und er beschreibt die Gewalt des Kampfes auf eine Weise, die sogar mir hin und wieder das Atmen erschwert hat. Was am seltenen Verwenden des Wortes "würde haben/sein" liegen mag, das eine ansonsten beim Aufschlagen jedes anderen X-beliebigen Hohlbeins entgegenquillt, und gegen das ich eine hausgemachte Allergie entwickelt habe. Das Buch rockt. Runenstabstäblich.
Auch wenn die Mischung aus "naturgetreu" und "fantasy" manchmal etwas krass rüberkommt -- für jemanden, der da Unterschiede macht, weil er zu viele Geschichsbücher, Sagen, Legenden, Märchen und zu viel Simme(c?)k gelesen hat.

Ich frage mich nur, wieso noch kein namhafter Regisseur auf die Idee gekommen ist, den Hagen zu verfilmen. Die letzten Adaptionen der Siegfried-Saga waren eher eine Lachnummer (Benno F. als schön Siegfried?! ich hab mich schlapp gelacht...) als ernst zu nehmende Filmkunst.
Was auch daran liegt, dass das Nibelungenlied an sich eigentlich eine legendenartige Schwulstnummer ist, die mal wieder gründlich überarbeitet gehört.
Meine persönliche Überarbeitung würde erzählen, was Vollbrötchen zu dem macht, was sie sind, und auch, wo da Hexerei im Spiel gewesen sein muss, und wo eben nicht. Ich wollte immer schon mal herausfinden, wie aus einer Amazone ein Dornröschen werden konnte. Von eine ganz bestimmten Standpunkt aus ist das nämlich völlig naheliegend.

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Freitag, 30. Oktober 2009
Tour de Rennaissance.

Und dann steh ich mit dem Rucksack in der Stadt, und frag mich, wo ich die letzten 2 Wochen gelebt hab. (Irgendwo zwischen Daten-CDs, Scanner, EBV-Software, Sprühkleber, Copyshop, Texten, HTML-Code und Bleistiften).

Da ist Markt. Weihnachten? denke ich, bis mir einfällt, dass ja Allerheiligen ist. Da sind Ferien. "Ja, nächste Woche sind Ferien" sagt Kind. Ups.

In den 2 Wochen sind 5 Gläser Instant-Kaffee draufgegangen, 4 Flaschen Wein, 3 Gläser Nuss-Nougat-Creme, 1 Glas Gemüsebrühe, 1 Flasche Badeöl "Rose-Lavendel". Wissen was man getan hat, wenn man seinen Müll zum Glascontainer schleift.

In der Stadtbücherei die online verlängerten Comics zurückgegeben. Nur die neuen Sachen muss ich mir jetzt zurücklegen lassen (der "Hagen" vom Hohlbein ist sonst schon wieder nicht da, und ich reserviere prinzipiell nicht, da fehlt doch sonst der Thrill beim Finden), weil der Bücherei-Ausweis immer noch neben dem Rechner auf dem Zeichentisch liegt. Wo er super liegt.

Das Bürgerbüro hat zu, also doch keine neuen gelben Säcke.

In dem schicken Kneipending im Schneewittchensarg auf dem Marktplatz will ich eigentlich nur eine Flasche zurückgeben, und dann kaufe ich, nachdem ich endlich den Eingang gefunden habe, meinem nörgelnden Kind den teuersten Muffin der Welt. Das Essen ist dort wohl genießbar. Was man vom Kaffee nicht sagen kann. Hab noch nie einen so schlechten Kaffee getrunken, drum meide ich seitdem den Laden wie die Pest (der Kaffee ist wirklich exorbitant schlecht, und meine Schmerzgrenze ist da ziemlich weit oben. Aber da trinkt man ja auch eher "Chai". Frag mich, was passiert, wenn ich die da mal nach "Java" fragen würde).

Mein Gummibär-Dealer hat keinen einzigen Grusel-Gummi mehr, aber ich könnt die Weihnachtsmänner haben, sagt die Dame hinterm Tresen. So ein Scheiß, denke ich, und kauf halt ein Kilo Meeresgetier. Meeresgetier ist eh viel gruseliger als Totenköpfe, Lakritz-Skelette oder Kürbisfratzen.

Auf dem Heimweg steht da eine leere "Quelle", ach ja, ich hatte das im Radio gehört, dolle PR für die Arbeitsagentur. Und bei der Bücherstube liegen alle gesammelten Gitarrenaccorde zum Nachblättern in Buchform aus, aber all mein restliches Bargeld liegt ja bereits in einem überteuerten Trend-Imbiss und einem Gummibären-Laden. Erst als das Kind quietscht "ich will da rein!" verwerfe ich den Gedanken an EC-Cash, denn ich weiss, wenn ich da jetzt reingehe, sind wieder 120 Tacken beim Teufel. Beim Textil-Discounter hängen pinkfarbene Fellmützen mit Bommeln. Sowas hatte ich selber mal als Kind, in Giftgrün, und schon damals waren die Dinger scheiße. Aber ich hab ja schon eine rote Bommelmütze, eine Trecker-Fahrer-Mütze, eine Mütze mit rotem Hahnenkamm (der "Chickflick") und diverse andere Dinger für meinen Querschädel, das muss nicht sein, auch wenn ich so richtig arg auf Mützen steh, die so richtig scheiße aussehen. Schon als Kleinkind hatte ich einen Mützentick. "Müüüüüze!" muss sowas wie ein Schlachtruf gewesen sein, wenn ich bei meiner Omma unterm Tisch saß und einen Kaffeewärmer auf dem Kopf hatte.

Im Mega-Store haben sie auch schon weihnachtlich eingedeckt. Das ist nicht gut. Ich wollte für morgen doch irgendwas gruseliges. Dafür gibts Spielsachen-Adventskalender im Sonderangebot. Und Waldmeister-Quarkspeise ist ja auch irgendwie gruselig.

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Dienstag, 27. Oktober 2009
Dou is babbich.

Küche babbt vom Schbrüühgeleber, Füüs babbn, Schuh babbn, Fingernäächl völlich verbebbt, Blasn an die Finger vom Schdifd-Spizn, und nachm Einkaufn gmercht, dass i an feddn schwazzn Bleischdift-Abrieb middn im Gsicht bebbn hab.

Jez frouch i mi, wie viel von dera babbichn Cola mer sauf muss, bissmer 1,0 Bromille zammgricht, dies braucht, damit eim die Blasn an die Finger nix mehr wehdun.
Soll nochamool enner sooch, dass Gschdaldung ned aach enner benn wehdu koo.

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Sonntag, 25. Oktober 2009
I wanna be a Fleischfachschaugestalter.

Warum nur hab ich nicht Fleischfachverkäuferin gelernt, donnert es mir nach 15 Stunden Schufterei für vermutlich nix und wieder nix im Hirn herum. (DIE WEB-TEXTE SIND FERTIG -- NICHT GELEKTORIERT, ABER FERTIG -- das war die schwerste Geburt seit langem. Ich werde damit als der Klugscheißer der Nation in die Annalen der ewigen Jagdgründe eingehen.)
Achso, die wollten mich damals nicht. Hatte ich vergessen. Mit Kind kriegt man schwer eine Lehrstelle, und damals brauchte kein Mensch Fleischfachverkäufer. Damals gabs den "Schauwerbegestalter" in rauhen Mengen. Bei dem Termin auf dem Arbeitsamt war ein Freund mit dabei, weil ich mich alleine nicht hintraute. Ich dachte, die reißen mir da den Kopf ab oder so. Beim ersten Termin im BIZ und nach dem "Eignungstest" seufzte der Beamte und sachte nur "bleibt nur Zirkus oder sowas. Die Stellen für Kulissenmaler haben Wartelisten. Blöd, dass Sie kein Abitur haben."
Bei diesem zweiten Gespräch, bei dem mein Kumpel dabei war, wurde ich dann gefragt, ob ich lese. Ich sachte "Jo... schon. Irgendwo müssen die 15 Meter Bücher ja herkommen.", und bekam die Antwort "na, es gibt ja auch Leute, die stellen sich Bücher zur Dekoration in die Wohnung. Mit dem Lesen haben Sies also nich so. Ok." Mein Freund machte sich vor Lachen beinahe in die Hose, was der Mensch vom BIZ nich so lustig fand.
Ich fragte dann, ob es nicht Sinn machen würde, wenn ich die FOS draufsetzen würde. "Aber bei Ihrem Eignungstest und ihren miserablen Zeugnissen müssten Sie in die Gestaltung. Da muss man eine Eignungsprüfung machen. Sie würden sich für Schauwerbegestaltung eignen. Die Prüfung schaffen nur ein Drittel der Prüflinge. Da muss man gut sein."
Das war der Moment, als T. Tränen lachend vom Stuhl fiel.

Nu, ich hab dann doch die FOS-Gestaltung gemacht. Weil meine Noten gut genug waren, und mich der M. kopfschüttelnd durchgewunken hat bei der Gestalterprüfung.
Ich hab dann sogar an der FH studiert und ein Diplom gekriegt. Hat mein Staubsauger übrigens auch (allerdings hat der im Gegensatz zu meinem Diplom eine Garantie). Aber mein Traum vom Fleischfachverkäufer hat sich bisher nicht erfüllt. Und den vom Schauwerbegestalter wollt ich nicht, in weiser vorraussicht, die sind heute alle arbeitslos. Essen muss man immer, hab ich mir damals gedacht. Dekoration kann man genauso wenig essen wie Kunst.

Aber dieser ganze Mist muss mich doch irgendwie schwer geprägt haben, denn heute träume ich von A3-Scannern. Weil nur die groß genug sind, dass ein ganzer Schweine-Lungenflügel draufpasst. Das gäb dann die Collage meines Lebens...

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Freitag, 23. Oktober 2009
Wenn Kalkofe schreibt...

...dann ist es eher selten, wenn einem das Lächeln so richtig in der Kehle stecken bleibt. In der grad noch aktuellen Ausgabe seiner Glosse für die TVS allerdings ist mir das passiert. Es geht dabei um eine Senderscheffin, die unter Pseudonym nahezu ausschließlich ihre eigenen und die Drehbücher ihres Mannes "durchgewinkt" (klar gegen mit sich selbst verhandeltem Honorar), und ansonsten externe Schreiber ignoriert hat. Oft Bücher gleichen Inhalts mit anderen Titeln.
Es fällt die Frage, wem das geschadet hat. Dem Sender? Dem Publikum? Anderen Drehbuchschreibern? Kalkofe analysiert messerscharf: das passiert, wenn Kreativität verbeamtet wird: die besten Ideen totdiskutiert oder verschlafen, und kann man sich selbst schon nicht schaden, dann wenigstens Anderen, die noch Ideale haben (die sind Vorraussetzung für Innovation).
Und weil das passiert, fällt es nicht weiter auf, wenn dasselbe Mittelmaß-Script in leichter Abwandlung gleich dreimal verwurstet wird.
Herrje, an was erinnert mich das nur...

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Brand-Opfer.

Meine Lieblings-Serie "CSI Las Vegas" hat eine Figur ersetzt. In den Staaten sanken die Quoten, offenbar ist eine so schräge Persönlichkeit wie Gil Grisholm schwer zu ersetzen. Ich dachte schon, nun in Zukunft schwarz tragen zu müssen, zur Abwechslung aus Trauer um "meinen" morbiden Käferkundler.
Fishburne in der Rolle des Dr.Langston als Ersatz macht sich aber gar net schlecht. Langston ist die Mischung aus einem Frischling und einer Wühlmaus mit sozialen Ambitionen. Aus der Sicht des Geschichten-Erfinders ist dies die typische Rolle für eine junge Frau, weiß. Insofern kommt das ziemlich cool, diese Rolle mit einem behäbigen Farbigen fortgeschrittenen Alters zu besetzen.
Einfach köstlich, wie Langston sich die schweinteuere Seiden-Krawatte abschneidet, weil diese aus Mangel an Erfahrung was Tatorte angeht, an der verkohlten Leiche kleben bleibt, und damit in die Aservatenkammer wandert.

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Mein Gott, ich klebe...

Kaum schöpft man mal wieder aus den Vollen und spielt die Bastel-Ratte, klebt die ganze Küche vom Sprühkleber. Aber besser eine vergaste Küche und verklebtes Geschirr, als zwei versprühte Computer.
Wenn sich meine gelben Gummiclogs nur nicht anfühlen würden, als hätten sie Sohlen aus doppelseitigem Klebeband.
Trotzdem irgendwie retro.

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Donnerstag, 22. Oktober 2009
Globale Erwärmung.

Das Ich liegt im Frosterfach, und wartet auf die globale Erwärmung.
Das kann man wörtlich nehmen.

Ein großes Ganzes, so meine Vermutung, funktioniert nur, wenn die Individualität eines Menschen respektiert wird. Nur wer sich selbst ein Stück weit dienen kann (indem er nicht tut, was er nicht kann oder will zB.), wer sich selbst respektiert, kann Anderen dienen und sie respektieren (oben = unten).
Funktionieren Dinge wie "Solidarität" nicht, mag das daran liegen, dass das Individuum ein Problem mit sich selbst hat, und sich deswegen auf die eine oder andere Art in den Vordergrund spielen muss, "um geliebt zu werden".
(Ein Vorwurf den ich gut kenne, denn immerhin schreibe ich öffentlich, obwohl ich immer noch nicht weiss warum, obwohl ich diesen Blog seit etwa 7 Jahren vollmülle. Mit Anerkennung hat es jedenfalls nichts zu tun.)
Selbst was man den Kreativen immer so gern vorwirft, sie spielten sich auf, weil sie Anerkennung suchen, ist relativ. Was das Medium TV angeht, mag das stimmen. Was "youtube" angeht, ebenso. Die Web-Gemeinde ist offenbar ein grandioser Spielplatz für Selbstdarsteller. Aber untersucht man das Wesen der Kreativität genauer, dann fällt einem nur auf, dass es sich um Menschen handelt, die nur nebenbei Rampensau sind, hauptsächlich aber Eremiten im Sinne des Bohrens nach den Wahrheiten und Dokumenten menschlicher Abgründe und Höhenflüge unter Benutzung von Sprache, Tönen, Bildern, Strukturen. Das ist nur zu bewerkstelligen, wenn man als Indviduum sein Ich ins Frosterfach schiebt. Denn das Ich sehnt sich nach Geborgenheit, nach Sicherheit, nach Anerkennung. Kreative ernten nichts von alldem, das wissen sie spätestens seit VanGogh. Der Wunsch nach Geborgenheit etc. wird verdrängt, weil die Geborgenheit, die Sicherheit etc. einlullend wirkt. Kein Mensch kann in die Abgründe und Höhenflüge der Welt eintauchen, wenn er sich in Sicherheit befindet, denn jene menschlichen Extremata sind gefährlich, wie das Denken an sich gefährlich, ab und an tödlich ist. Die Büchse der Pandora ist die Hoffnung auf Besserung, Sicherheit, Fortschritt, die Erlösung, denn die kommt nicht.
Leben ist nicht zu haben ohne Tod. Die Welt würde stille stehen.

Das stellt die Frage nach dem Individuum. Ist das Individuum ein Irgendwas, das sein Ich geliebt haben will? Das sein Ich in die trockenen Tücher des Beamtenstatus packt? Oder ist das Individuum nicht eher etwas, das sich dem Ganzen derart unterordnet und den Schmerz der Existenz erträgt, wie es seinen gottgegebenen Talenten entspricht? Und wenn das so wäre, wer will dann darüber urteilen, welches Talent von Wert ist, und welches nicht, wer will denn überhaupt den Wert des WERTES definieren? Wozu gibt uns Gott denn Talente, wenn sie nichts "wert" sind? Sind Einige von uns wertvoller als Andere?
Mit dem Wort "Individuum" wird in der aktuellen Debatte um Bildung hausiert, als wäre es an sich ein Geld-Wert, was er einfach nicht ist. Schizophrenie ist auch nichts anderes als die Auswirkung der Ambivalenz, wenn man Talent X fördert, gleichzeitig aber Talent X für sittenwidrig erklärt, weil es nicht "sicher genug" ist, den "Lebensunterhalt" zu bestreiten. Das meint nicht ein spezielles Talent, sondern die Ambivalenz schlechthin, denn in einigen Kulturen ist es durchaus üblich, schon das Abweichen von der Beamten-Norm als sittenwidrig zu klassifizieren (was für alle Talente zutrifft, die nicht im elementaren Erdkreis der Kontrolle und Kalkulation zu finden sind).

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Donnerstag, 15. Oktober 2009
Pubertät.

"Ich mache es wie jeder anständige Amerikaner: Pappteller in Fresbee-Scheibe."
Ich muss lachen und sage ihm "so stelle ich das mir vor, wenn du ausgezogen bist."
Er guckt mich trocken an.
"Ich fürchte, wenn *** ausgezogen ist, wirst DU so leben."
Und grinst.
Und ich fürchte: er hat recht.

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Dienstag, 13. Oktober 2009
Dionysos for Francoinans.

Der werte Herr Kilian tritt zum ersten Mal in die Geschichte der Regionalsage ein, als er in Schweinfurt die Statue des "Lollus" in den Main schmeißt (aus: Fränkische Sagen, Diedrichs).
Lollus, oder wie die Franken ihn nannten "es Lölle", ist eine regionale Variante des Bacchus, der wiederrum eine römische Variante des Dionysos ist. Und Lollus heißt er in der Tat des Wortes "lallen" wegen (Handwörterbuch der Fränkischen Sprache). Den Burschen gab es also in Schweinfurt, selbst in Würzburg gab es einst einen Ort der "zum Lölle" hieß, aber da geht heute der Autobahnzubringer in Heidingsfeld drüber, wie ich annehme. In einer Karte von 1880 ist der Ort noch existent (wie immer: ein Hoch auf das Mayers von 1880).
Kilian war also nicht nur Bilderstürmer, man kann anhand der Sage sogar einordnen, wie lange der Kult um den fränkischen Dionysos existiert hat.

Auch Dionysos selbst (und ich vermute, dass der Gute, der ca. 900 v.Chr. zum ersten Mal auf Kreta (!) erwähnt wird, noch deutlich älter ist als der bekannte Name) wird als "der Laller" bezeichnet, denn wer im Vollrausch noch ein gerades Wort herausbekommt, hat schlicht keinen Rausch.
Und wer keinen Rausch hat, hat es schwer, die Mysterien des Lebens, das aus dem Tode fließt, zu durchleben. (Damit ist aber jetzt nicht alkoholisiertes Autofahren gemeint).

Die fränkische Kultur allerdings hat mit dem Christentum Lollus nicht nur als Papst "Urban" katholisiert, sondern mittlerweile ganz vergessen. Wenn man mal vom Weinfest-Kram absieht, der in Franken ja nahezu zwanghaft kultiviert ist. Aber hinkommen täts ja schon. Beschreibungen der Dionysien kommen ganz gut an Weinfeste hin, bei denen standes-frei geschöppelt und gevespert wird, und nur ganz wenig gebetet.
Und dass man griechische Töpferwaren der nicht ganz billigen Art auf dem Festungsberg aus der Hoch-Zeit des Dionysos gefunden hat, steht dem ganzen Assoziazionsspiel glaub ich auch nicht allzu im Wege.
Und wer hinter diesem Urban steht, krieg ich auch irgendwann noch raus. Höhö.

(!) eine DER Erscheinungsformen in durchaus nüchternem Zustand ist der Stier. Der Stier wiederum, ein Gehörnter (!!), ist nicht nur das rätselhafte Götterwesen aus Catal Hüyük, sondern auch der Minotauros von Kreta selbst, der dort in einem Labyrinth hauste und Jugendlichen die "Mysterien" verpasste. Dazu gibt es die Geschichte von Theseus, dessen Landsleute "zur Sühne" in diesen Mysterien "geopfert" wurden (auch eine Art Pädagogik: was die Griechen nicht beherrschen, das bringen wir ihnen dann eben bei, und es muss sich um etwas zutiefst antipatriarchales gehandelt haben). Theseus bezwingt den Minotaurus, flüchtet mit der kretischen Königstochter Ariadne nach Naxos, und lässt die Gute dann sitzen. Anschließend erscheint Dionysos, und ehelicht "die ihm anverlobte".
Der "Stier" ist zusätzlich der erste Buchstabe des ersten aller Alphabete. "Aleph" oder "Alpha" ("A") bedeutet "Stier" und zugleich "der Anfang, die Mutter der anderen Buchstaben".

(!!) der "Gehörnte" ist eine ältere Gottheit als alles, was sich auf schriftliche Zeugnisse stützen kann. Eine der ältesten Darstellungen des Gehörnten befindet sich in Nord-Italien, die Kelten haben ihm erstmals -- wie die Skythen -- erkennbar ein Hirschgeweih gegeben, und als solcher ist er in die Kulturgeschichte Zentral- und Nordeuropas eingegangen.

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