Donnerstag, 18. Februar 2010
Will Eisner: Mit Bildern erzählen.

Endlich bin ich durch mit dem originären Standart- und Basiswerk übers Comic-Zeichnen. Will Eisner, das Urgestein der Sequenziellen Kunst, der Meister des schwarzen Strichs, hat in meinen Kopf gesprochen, hugh.
Ich wusste es ja immer schon irgendwie: die Comic-Zeichnerei ist die Königspudel-Disziplin unter den kommunikativen Mitteln, aber nu hab ich das auch noch amtlich.
Das einzige Medium, in dem sich alle kommunikativen Mittel versammeln: die Typografie, der Film, das Theater, jede Art von Gestaltungsgrundlage, die blanke Geschichte, illustrative Techniken, visuelle Grammatik und Literatur. Wer also Comics zeichnen kann, beherrscht notgedrungen auch das Story-Lining für Drehbücher, Kameraführung, Bühnenbild, Storyboards, den korrekten Einsatz von Typo, sämtliche Symbolhaften Parameter zur Bildkommunikation und die dazugehörige Psychologie.
(Eigentlich wollt ich mich jetzt über meinen Beruf contra Dummbeudl-Wörd-Bablischer ausheulen, aber das wird heut nix mehr).

Neulich hatte ich ein lustiges Heft in der Hand: Comics machen mit Wörd. Da haben sie beschrieben, wie man Grundschülern am BeZeh via Software beibringt, wie man Bilder einfügt und Sprechblasen erstellt. Das ist eine ganz tolle Idee, weil man plötzlich auf das ungehörige Problem trifft, dass man vorher ja eine ZEICHNUNG braucht, die man da einfügen muss. Und eine IDEE für einen Text. Was sie eine aber nicht sagen, ist, dass die Formatierung in der nächsten Wörd-Version im Eimer ist.
Aber ist das nicht lustig? Jetzt kann jeder seinen eigenen Comic machen, ohne vorher jemals eine dolle Idee gehabt haben zu müssen, die auch irgendwie Sinn macht.

Dann musste ich dran denken, dass in diversen Foren immer wieder die Frage nach passender Literatur zum Comic-Zeichnen gefragt wird. Eisner sei ja wohl zu kompliziert, man bräuchte es einfacher.
Ich bin dann immer bös und sag "naja, ÜBEN, nich lesen". Den richtigen Ton beim Singen trifft man auch nit, wenn man nur genuch Bücher übers Singen liest.
Daher bin ich so unglaublich froh über Eisners letztes Kapitel, in dems einfach nur heißt: du MUSST zeichnen und (sehend) wissen, was Anatomie, Licht, Geometrie, Perspektive ist, du MUSST wissen wie son Scharnier funktioniert, weil: der Leser weiss wie sowas aussieht, auch wenn ers selber nicht zeichnen kann.

Wie lieb Jesu möcht ich meinen Schöölern sagen: nimm deinen Bleistift und geh (ran ans Papier. Papier beisst nicht, es ist geduldig). Jo. Mit der Einstellung wird man ganz sicher reich und berühmt.

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Ratte und Rousseau.

Kulturkritik macht depressiv. Notgedrungen.
Nein nein, mit unnerer Ghulduhr is alles in Oddnung, dääd der Franghe jetz blööd loober.
Alles voll im gelben Sack der Mülltrennung.

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Zornickel.

Nu is man mit dem Roman durch. Und mit der Redigierung. Dann sucht man son paar Kapitel raus, zieht ein PDF, und liest sich das Ding durch. Und was findet man?
TEXTVERDREHER, SATZFEHLER, SCHREIENDEN BLÖDSINN UND DEN STÄDTENAMEN, DEN ICH KOMPLETT RAUSGEHAUEN WOLLTE.
Ich hab mich gefreut wie ein Wiener Schnitzel mit Pommes. Nur mit Müh und Not konnte ich mein Über-Ich davon abhalten, den Rechner gegen die Wand zu schmeißen. Trink ich mir lieber n Gläschen Kleinen Franzosen, so zur Inspiration vom Unterbewusstsein.
Jetzt schreib ich die entsprechenden Kapitel zum zweiten Mal um, gebadet in Selbstmitleid, weil der Wein alle ist; was sich nicht gut auf das Über-Ich auswirkt, weil es immer noch irgendas gegen die Wand schmeißen will. Leere Flasche nicht, bin zu faul, die metaphysischen Scherben aus meinen Fußsohlen zu fummeln. Glas auch nich, hab zu wenig Weingläser der unbewussten Preisklasse.
Nach einer Stunde oder so hat dann mein Über-Ich angefangen mit meinem Unterbewusstsein über Metaphysik zu diskutieren, während der Rest meines Unter-Ichs mit meinem Über-Bewusstsein (Lektor) angefangen hat, den Text zum x-ten Mal umzuschreiben. Hmpf.

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Sonntag, 14. Februar 2010
Luxusrausch.

Nein, ich will nicht in Schilfhütten wohnen, ich will geschäumten Milchkaffee, Vino Tinto, Käseberge und laute Rockmusik.

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Seneca, Schätzle.

Im Brief an einen Kollegen (um genau zu sein: der 90ste) spricht der antike Denk-Held Seneca über die Bedeutung der Weisheit in der Menschheitsgeschichte (mein Fazit: der war depressiv) und die Bedeutung der Kunst bzw. des Kunsthandwerks für die Weisheit. Muss man transkripieren, denn dass was die Alten einen völlig anderen Begriff von Kunst hatten als wir Dödel heute, lässt sich in diesem Text schön herauslesen.
Für Seneca ist die Weisheit der Inbegriff der Vernunftkontrolle, sie ist es, die reguliert und entscheidet, wie zu organisieren ist, und nebenbei singt er das Hohelied auf die steinzeitlichen Kulturen, die Habsucht und Besitz nicht kannten, woraus er folgert: die Kunst ist das Ergebnis der Habsucht von Tyrannen.
In seinem Menschenbild gehört der Mensch in die Steinzeit zurückversetzt, Technische Innovation ist in seinen Augen eine Aneinanderreihung von Zufällen, und nichts kritisiert er mehr als den Abschied vom freien, naturgebundenen Menschen, der nicht mehr einfach nur ist ("die unberührte Natur in ihrer Fruchtbarkeit gibt dem Menschen alles was er braucht"), sondern nach Besitz streben MUSS, damit er überlebt. Das Hohelied an die Freiheit ist eine Kampfschrift gegen den Besitz Einzelner. Und mir dünkt, Marx habe diesen Gedanken in sich aufgesogen wie ein trockener Schwamm, nicht ganz zu Unrecht wie ich meine, aber unter den falschen Vorraussetzungen.
Es ist eine typisch deutsche Eigenheit, Kulturkritik immer im Sinne von Organisations-Pragmatik zu betrachten, und seine Schlüsse so in einen politisch-wirtschaftlichen Kontext zu stellen. Und damit ein Szenario zu basteln, das in Utopien endet. Dabei geht es einzig und allein um das Herumstochern im Verstehenwollen, wie Beziehungen sich bauen, warum sie Sinn machen, und wie sie am sinnvollsten zu nutzen sind (Levi-Strauss: nicht die Fortpflanzung ist ausschlaggebend, sondern das Knüpfen von Beziehungen im Hier und Jetzt mit den Mitteln, die jetzt von Belang sind -- so in etwa).
Man muss dem guten Seneca zugutehalten, dass er einer Kultur entstammt, die noch keine Ahnung hatte von der Entstehung der Schrift (Bildmalerei -- Handels(!)-Glyphen -- Lautschrift), und in der die Frau (hüstel) nicht wirklich menschliche Relevanz besaß (er spricht speziell nur von Männern, die weise sind), und ihm daher die andere Hälfte der Weisheit selbst fehlte (oder das gackernde Hinterfragen aus einer ganz anderen Perspektive).
Aber die Kunst an sich als eine willkürliche Zufälligkeit zu bezeichnen, ist schlicht idiotisch, wenn nicht gar unverschämt, vergisst man, dass wir heute einen ganz anderen Kunstbegriff haben. Es gibt sowas wie ein Bedürfnis nach Harmonie, nach Unterhaltung und nach dem Sich-Auseinandersetzen mit dem Sicht- Hör- und Schmeckbaren, weil es INSPIRIERT. Und soll der gute Seneca bitte behaupten, Weisheit sei möglich ohne die Inspiration der Idee, ohne den Austausch von allem möglichen, und wenns "nur" dem Zuhören eines Liedes ist (die Kommunikation findet dann im Ich statt).
Die Überhöhung des "schönen, glücklichen, Wilden" halte ich ganz persönlich für eine überzogene Romantisierung, aus der die eigene Frustration des "ungeliebten Denkers" spricht (und damit kenn ich mich aus, gell). Ich bin sehr glücklich, dass es Röntgenapparate gibt, Straßenbahnen, den Buchdruck oder das Radio, und all das gäbs nicht, wenn nicht irgendwer damit auf die Idee gekommen wäre seiner "Habsucht" damit Ausdruck zu verleihen. Es braucht immer einen, der eine Innovation auch irgendwie unter die Leute bringt ("Dancing for my own appointment? That ain´t it, Kid, that ain´t it Kid!" (A Chorus-Line)), und wenn man es zur Not selbst macht.
"Der glückliche Wilde" ist in seiner Kulturepoche bis heute auffällig, gerade eben WEIL er neben Jäger und Sammler ein Künstler ist. Er bemalt Steinwände, seinen Körper, und alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Und er macht Musik und erzählt Geschichten. Seine Riten müssen äußerst eindrucksvolles Theater gewesen sein. Sein "Glück" liegt nicht in seiner Einfachheit und Besitzlosigkeit (das kümmert ihn garnicht), sondern im Fehlen der NUTZUNG von Kunst und Weisheit zur Stützung irgendwelcher Machtansprüche durch den notwendigen Zwang der Demonstration im Konkurrenzkampf. Die daraus resultierende Freiheit hat glaub ich wenig mit Besitzlosigkeit zu tun, sie ist nur ein Nebeneffekt. Dass DAS ein Problem darstellt, wissen grad die Künstler und Denker zur Genüge -- und es ist Grund genug es trotzdem zu tun, denn wo kämen wir hin, wenn die Sturheit des "ich machs trotzdem, und nicht nur für mich, sondern für alle zugänglich" dem Gedanken des Erfolgszwanges für immer weichen würde? Richtig, in die Depression. Denn Denken und Erschaffen ist eine Eigenheit von uns Menschen, die, wenn sie zu sehr beschnitten werden, im psychosomatischen Selbstmord oder in manchmal groteskem Masochismus enden (oder der Ironie).
Die "Armut und Selbstzerstörung der Künstler", die ich gern ironisch auf die Schippe nehme (hey, Zeichnen ist körperlich extrem anstrengend! Blasen, Tusche-Vergiftung, Bandscheibenvorfall, Sehnscheidentzündung, Kapartunnelsyndrom, Blindheit! :), ist ergo kein Ergebnis von zu wenig kapitalistischer Aktivität auf dem Konto, sondern ein Nebeneffekt des Suchens nach Inspiration und einer Art Konzentration, die manchmal eben auch in die Hose gehen kann (Alkoholismus, Drogen, Irrsinn. Nachdem ich nicht mit 25 an Drogen verstorben bin, mit 40 nicht am Alkohol, bleibt mir noch die Chance mit 50 durch Koffeein und Nikotin um meine Rente drumrumzukommen, und wenn ich das auch nicht schaffe, muss ich mit 70 im Frotteebademantel vor einer Batterie tonloser TV-Geräte vor mich hindümpeln und verschlampen, weil meine Frau mich wegen einem jungen, armen Schlucker verlassen hat, denn lebe ich so lange, werde ich dank der Schadensersatzzahlungen der Tabakindustrie endlich reich sein). Gescheiterte Existenzen gibts überall, dazu muss man kein Künstler oder Weiser sein. Dem Nicht-Künstler oder Nicht-Weisen fehlts vielleicht an jeglichem Talent, dem Künstler oder Weisen eher am Realitätsbezug, der bedeutet: ohne erkennbaren Nutzen für annere (Genuss, Erkenntnis, Inspiration, was weiss ich) kein echter Nutzen für einen selbst und auch nicht auf dem Konto. Klappt natürlich nicht immer, und wenn nicht, können wir den "schönen Wilden" nachheulen und die Armut zum Maß der Dinge erheben, um uns zu trösten, genauso wie wir Besitz und Reichtum zum Maß aller Dinge erheben können, wenn wir einen Minderwertigkeitskomplex haben. Idiotisches Symptom, aber nicht selten, weil es tatsächlich tröstlich sein kann (aber selten wirklich ist).
Aber vielleicht lieg ich ja auch völlig falsch und die Welt ist in Wirklichkeit nur ein blödes Holodeck-Programm namens "Schubladen-Basteln", das Gott vergessen hat abzuschalten, bevor er aufs Klo musste. Wat weiss denn ich.

Also, werter Herr Seneca, ich besorg schon mal den Wein, und dann müssen wir mal ein Huhn zum Thema "was bedeutet Weisheit und Kunst gleichermaßen für menschliche Beziehungen?" rupfen. Soooo einfach gehts ja wohl net.

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Sonntag, 7. Februar 2010
Testament machen müssen.

Der Autor Stieg Larsson, so meine TV-Zeitung, ist nicht nur seit 6 Jahren tot, er war auch lebenslang Dauerpleite, eigentlich Grafiker bei einer Zeitung (so wie ich einige Jahre), exzessiver Schreiber (öhm...), ernährte sich von Koffeein und Nikotin (hüstel), verfügte über einen auffälligen Hang zu Gerechtigkeit und politischem Einmisch-Tick (schwitz), bevor er eines Tages einfach tot umfiel, weil ein Aufzug ausgefallen war. Und er hat daher Zeit seines Lebens von seinem heutigen Erfolg garnix gehabt.
Bisher hielt ich mein Leben für ansatzweise überlebenswert, jetzt krichich aber Schiss, denn hin und wieder ein Glas Rotwein (soll gesund sein) wird den unausweichlichen Tod durch Schreiben nicht aufhalten, oder?

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Mittwoch, 3. Februar 2010
Blindenschrift-Übersetzung.

Die lernen jetzt Blindenschrift und mussten ein gehüggeltes Gedicht in Normalschrift übersetzen.
Jetzt muss ich ihn nur noch davon suchen zu überzeugen, dass das Gedicht nich von Joachim Gingelnatz is.

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Dia-(b)Log.

wenn im dunkeln das reißen des himmels ertönt
wenn im licht jeder flug uns zerreisst
wenn im schwarz einer nacht unser blut es ersehnt
wenn das licht uns vereist und verspeist
wenn der herr uns vergibt
wenn der herr uns verstößt
gehn wir unter

so die nacht uns verschlingt da im mondenschein,
so der tag uns zerreisst in der luft
so die tiefschwarze nacht gießt uns liebe ein
so die sonne die liebe ruft
geht das schiff uns verloren
geht das laster an land
gehn wir unter

kannst du singen vom blut, kannst du singen vom leid
kannst du singen vom singen der wälder
kannst du sehn wie der himmel im sterben schreit
kannst du sehn die goldenen kälber
wenn das wasser verzischt
und die gischt uns erwischt
gehn wir unter

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Versmaß.

Als hätt ich sonst nix zu tun. (Jetzt grad wart ich auf meinen Haustheologen, damit wir die Uni-Bib überfallen gehen können, der hat heute ein Auto, das muss man ausnutzen!)
Statt sinnvolles durchs Gebälk zu schieben, denk ich jetzt in komischen Versmaßen, deren Namen ich mich nicht mehr erinnere. Nur daran, dass ich das Epochenheft zur "Poetik" komplett in Reimen geschrieben hab, als wir das in der Schule hatten. Schon ein schräges Gefühl durch den nächtlichen Frost zu stapfen mit Milchtüten und Fleischwurst in der Tasche (irgendwann bin ich schneller als Kind 1 und krieg doch noch mal wieder einen Eintopf und Milchkaffee gebacken), und schwarzflügelige Reime zu erfinden.
Jaja... zu viele alte Griechen gelesen in letzter Zeit. Euripides rockt höllisch dionysisch, das bringt Leute wie mich auf dumme Gedanken.

Im näxten Leben weddisch Discht.

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Kaufhut.

Fernsehen ist nicht gut. Die geben Autorenhinweise, und dann muss man herumrecherchieren, was diese Autoren so alles geschrieben haben, findet unheimlich viele neue Bücher die man ganz dringend lesen muss (Cassierer, Foucault, Arndt, Sloterdijk, Levi-Strauss, Benjamin, Bartes, Rousset, Duby, more Mulack), kriegt einen Hyperventialtionsanfall nach dem anderen, und stürmt dann die nächstbeste Bibliothek. Virtuell natürlich. Man muss ja erst mal gucken was die da so rumstehen haben, und ob man es auch ausleihen kann.
Und man MUSS es ausleihen, denn im Handel kostet meine Liste schon wieder 200 Euro, und das seh ich grad jetzt nit so wirklich ein, die ausgeben zu müssen, nur um mein Hirn sexuell zu befriedigen.

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by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
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bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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