Mittwoch, 29. Januar 2014
Lehre Gräber.

Da gäbe es viel zu schreiben über Hierarchien und Inkompetenzen und Pyramidenstrukturen. Es gäbe viel zu schreiben über das, was Macht eigentlich ist. Und warum das letzten Endes alles nur die Folge des Handelns gegen unsere Natur ist. Mit der Frage, die ich zu müde bin zu stellen: wozu? Meine Antwort: weil er kann. Einen tieferen Sinn hat das Ganze nicht.
Der Mensch fliegt auf den Mond, sagt man, weil er wissen will. Der Mensch will immerzu wissen, woher er kommt, wohin er geht, und welchen Sinn das ganze Leben überhaupt hat, er schreibt Bücher dazu und hat die Philosophie entdeckt, die jene Antworten sucht, die aus dem Kaffeesatz nicht zu lesen sind.
Um dann am eigenen Wort-Durcheinander immer aneinander vorbeizureden, Wissenschaften zu kultivieren, Wortbedeutungen zu kultivieren und all solche Dinge. Aber in Wirklichkeit sind alle Wort nur Bilder, die Bilder selbst stehen für Bedeutungen, die stark an das Gefühl der Wahrnehmung gebunden sind.
So hat Höhlenmalerei keinen religiösen Zweck. Sie hat überhaupt keinen Zweck. Es sind einfach Bilder, gesehen, gespürt, gemalt. Sie entspringen so einer Intuition, die eben entsteht, wenn man draussen ist, und nur der Teil eines Ganzen. Auf diesen Wänden, sagt man, sind nur selten Menschen zu sehen.

Der Mensch wird ein Ganzes, wenn er malt. Wenn er seiner eigenen Spur folgt, wie ein Kind, und es geht dabei nur und ausschließlich um die eigene Spur im Sand, mit der man entdeckt, wer man ist irgendwie in dieser Welt. Solcherlei malend scheint sichtbar zu werden, dass es gar keine Rolle spielt, wo man seinen Platz hat, denn dieser Platz ist überall da, wo man eben gerade ist.
Die Frage nach dem Kommen und Gehen ist aber eine Frage, die nur entsteht, wenn man den eigenen Platz nicht kennt, nicht spürt. Wenn man nicht aushalten kann, dass das eigene Ego nicht die Krone der Schöpfung ist, sondern wir nur ein Teil von etwas sind. Und ich kann das nachvollziehen. Den Wunsch, einen Plan zu kennen, mit dem das Leben irgendwie funktioniert.
Und somit ist die Kunst, die wir betrachten, nichts weiter als die Spur anderer Menschen, die wir vielleicht lieben, weil wir der eigenen Spur im Sand unfähig sind, weil wir nach den Aussagen versuchen zu greifen, weil wir entdeckt haben, dass auch das: möglich ist. Die "Aussage eines Bildes" sozusagen.
Aber der, der malt, hat keine Aussage.
Man hat nur irgendwann gemerkt, dass Bildzeichen zum dokumentieren, verwalten und zählen taugen, und dann daraus wiederum die Möglichkeit zur Schrift entdeckt. Mit der man noch ganz andere Dinge festhalten kann. Gedanken. Gefühle, Poesie. Gesetzestexte. Heilige Schriften. Geschichten. Die versuchte Antwort auf das, wohin wir gehen, woher wir kommen, und was das alles soll.
Und weil das so ist, und weil der Mensch so auch gelernt hat Städte zu bauen, Arbeit zu teilen, Krieg zu führen, Gesetze zu haben, glaubt er sich als etwas besonderes. Besser als die Welt selbst, weil er Dinge selbst geschaffen hat.

Aber sieh die Vögel auf dem Feld, sie sähen nicht, sie ernten nicht, und dennoch haben sie genug. Sieh die Lilien auf dem Feld, sie kaufen ihre Kleider nicht im nächstbesten Outletflagshipstorediscounter.
30.000 Jahre Menschheitsgeschichte hinweggefegt durch ein paar Jahrhunderte überlegene Zivilisation, Kultur, Religion, Wissenschaft und Technik. Aber jeder von uns erinnert sich an das was war, und nennt es daher Paradies, Garten Eden, wie auch immer, und leidet.
Und ist unsagbar glücklich, wenn er die Hände in den Boden stecken und pflanzen kann, in einem Zelt schläft und Beeren von Büschen sich direkt in den Mund schiebt. Wenn er mit Stöcken im Sand Linien malt und zum Baden in einen See oder Fluss springen kann. Oder wie ich letztes Jahr auf dem Rücken im warmen Meer schwimmt und den Sternenhimmel betrachten kann (wobei es ein Baggersee auch tut).

Früher fragte ich mich, warum man Dinge wie die Anlagen bei Gülepi Tepe oder die Eingänge zur Pyramide in Ex-Jugoslavien zugeschüttet hat, zu einer Zeit, als die Zivilisation noch in den Kinderschuhen steckte, aber spürbar war. Warum die Schule des Kosmos an den Externsteinen verschwand. Und warum meine Mutter, die Lilith, auswandern musste in Gestalt eines Dämons für die, die in festen Regeln leben und das Erben, die Gesetze kennen und aufschrieben. Warum man Jesus als ihren Sohn bezeichnet. Warum Christen einen Text haben, den sie "Apokalypse" nennen. Warum es die Legende vom Wissen der Welt gibt, dass in den Pyramiden von Gizeh archiviert ist, ohne dass man auch je einen einzigen Papyrus gefunden hätte.
Und dabei liegt das alles doch auf der Hand, und die Antwort auf all diese Fragen schon so lange zu kennen, trägt seltsames Leben in sich, es fühlt sich an wie Knospen, die nur auf die Gelegenheit warten, auszutreiben.

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das ist das Leben. Es
besteht aus einer Ansammlung von Verlusten, mit denen man...
by ratte (28.03.18, 06:25)
Das ist ganz schön
deprimierend.
by sakana (22.03.18, 17:05)
Interessant. Nun sitz ich da
mit meinem frisch und ungewaschenen Hals, und wundere mich über...
by ratte (22.03.18, 07:28)
denken ist nicht degoutant lies
das wintermärchen doch einfach mal da wirst du vieles von...
by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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