Montag, 20. Oktober 2014
Kosmo(patho)logie.

Eigentlich bin ich müd. Eigentlich bin ich krank und müsste das Bett hüten. Eigentlich bin ich reif für Urlaub. Zumindest in den Momenten, in denen ich "nicht mehr mag". Und dann hocke ich in der Vorlesung und glühe. Oder sitze im Diskurs mit meinen Referatspartnern und glühe. Oder ich sitze über meiner Literatur und denke nur "warum dauert Lesen nur so lange" während der andere Teil vernünftigerweise meint "Speedreading bringt dir erstmal nichts, du musst den ganzen Kram ja durchbrüten". Und das wiederum muss ich, weil ich das Bedürfnis zum Brüten habe. Und ich glühe nicht vor Fieber, sondern weil ich mir vor Spannung und Erkenntnis manchmal beinah ins Höschen mache.
Mittlerweile möchte ich nicht mehr wie ein kleines Kind den Finger heben a la "Frau Lehrerin, ich weiss es!!!", sondern ich mach das nur noch, wenn sonst keiner mehr was sagt, dafür dann aber auch anders. Identitätsstiftung. Objektbeziehungen. Nur die Nummer mit der Irritation durch tote Menschen hab ich mir verkniffen, sonst hätte das das Seminar gesprengt.
Nein, ich mach das nicht zum Spass oder aus Langeweile. Ich hab das Gefühl, jedesmal wenn ich in der Bibliothek stehe und meine Bücher suche, wie es in "Yentl" zu sehen ist: ich darf das alles benutzen, ich darf das endlich alles beNUTZEN, nicht nur für mich selbst, ein Ziel, ein pathologisches Thema nach dem anderen (mit Messies bin ich noch nicht durch, aber es nimmt Gestalt an, ab nächster Woche kommen die "Völkerschauen" und "Gedenkstätten" dazu), ich darf hemmungslos in der Pathologie der Geschichte wühlen, ohne irgend etwas rechtfertigen zu müssen.
Kein "und was hat man davon?".
Ich lerne langsam, im richtigen Moment einfach den Mund zu halten. Ich lerne langsam sogar sowas wie Umgangsformen mit dem Hochschulpersonal. Denn es geht dabei nicht darum etwas zu sein was man nicht ist oder sich zu verbiegen, sondern einfach nur darum, den Betrieb nicht zu unterbrechen, diesen Apparat an Verwaltungsposten.
Denn je weniger ich diesen Apparat nerve, desto leichter komme ich an die Informationen, die ich brauche. Dass ich einen präzisen, analytischen Blick haben kann, ohne ein einziges Wort zu sagen, hab ich neulich im Grundlagenseminar Ethnologie bewiesen (ich hatte derartig Halsweh, dass ich meinem Lesepartner die Textstelle nur mit dem Finger gezeigt habe -- er hat sie dann präsentiert als einer der Wenigen, die den Nagel auf den Kopf getroffen haben, der Junge war gut!). Dass er derart präzise sein kann, war mir selbst neu.
Wie schon erwähnt: ich halt mich ja immer für etwas blöde, weil ich es geschafft habe das schlechteste bayerische Fachabitur zu schreiben, seit Erfindung der FOS. Oder weil ich wegen meiner Rechtschreibung nie über eine 3 hinauskam, in Mathe nie über eine 5. Ich bin ein schulischer Gesamtversager. Und wie viele miese Noten ich an der FH wegen Themaverfehlung kassiert habe, will ich gar nicht wissen. Hat nie jemanden interessiert -- relevant ist nur, ob man überhaupt durchkommt, und dafür hats immer irgendwie gereicht.

Wenn es so weitergeht, könnte es mir vielleicht auch wurscht sein, wie schlecht man mich nun an der Hochschule bewertet. Weil mein Blick vielleicht nicht ganz der ist, der da sein sollte, oder weil ich mich wieder mit irgendwas verzettele. Es ist egal. Weils nicht drum geht es wem recht zu machen. Ich für meinen Teil kann das eh nicht, also versuch ich das garnicht erst.

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last updated: 23.02.20, 04:41
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denken ist nicht degoutant lies
das wintermärchen doch einfach mal da wirst du vieles von...
by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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