Freitag, 19. März 2010
Wimmeln und Simmeln.

Seine (Georg Simmel seine) "Philosophie des Geldes" hat auf meinem Schreibtisch nur rund fünf oder sechs Seiten überlebt. Vor rund acht Jahren. Denn Simmel ist speziell. Noch spezieller als Luhmann. Simmel ist nicht nur komplex, er ist auch noch ein Dichter, ein Ver-dichter, der Sätze malend in verzweifelter Dramaturgie versucht dem Drama, dem Untergang und daher dem Trauerspiel des menschlichen Daseins zu entgehen, indem er es beschreibt in Bildern voller Schlag und Sahne.
Um es versuchsweise in seiner eigenen Sprache auszudrücken. Durch den zweiten Versuch mit einem kulturkritischen Aufsatz über gefühlte 300 Seiten habe ich mich besser überwinden können. Die "Philosophie des Geldes" ist immerhin gefühlte 3 Millionen Seiten dick.
Simmel ist in seiner Kulturkritik komplex, freilich. Er erscheint dem Wissensdurstigen wie ein unüberwindbares Labyrinth. Erst wenn es bei mir zum "Flow" kommt, ich aufhöre zu denken, wenn ich es in mich hineinfließen lasse wie White-Russian, werden diese Sätze lesbar. Auf den Dreh muss man erstmal kommen. Sich vorzustellen man betrinkt sich, um einen hochkomplexen Text zu verstehen.

Seine Idee ist interessant: der subjektive Mensch schafft das objektive Produkt. Dieses objektive Produkt beeinflusst den subjektiven Menschen aber dergestalt, dass er entweder zu einer Heiligung oder Aversion dem subjektiven Schaffensprozess (und seinen Produkten) gegenübersteht.
(Vermutlich hat das auch damit zu tun, dass, so würd ich das ausdrücken, der Konsument nunmal nicht der Produzent ist.) Oder anders: was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht -- und was man nicht wissen kann, glaubt man dergestalt, dass aus Glaube ein abergläubiges Pseudowissen entsteht. Nun, das scheint eine zutiefst menschliche Eigenheit zu sein.
Der Mensch und seine Kultur sind ein Anachronismus, der früher oder später immer irgendwie gegeneinander rauscht, sobald aus dem subjektiven Auseinandersetzungsprozess ein objektives Produkt wird, das mehr Marke als nutzbares Ding ist (und hier ist ein nutzbares Ding auszuweiten auch auf ein Kunstwerk, das den Betrachter anrührt).
Simmel postuliert: die Arbeitsteilung ist schuld. Durch die Arbeitsteilung entsteht Spezialisierung, und diese wiederum spaltet den Einzelnen vom Ganzen ab.
Wenn ich den ganzen Aufsatz recht verstanden habe (wobei ich dahingehend nicht sonderlich sicher bin). Aber wenn doch, dann würde ich durchaus gern wissen, was Simmel heute zur Markenbildung und dem hochgelobten Spezialistentum sagen würde. Was ihm einfiele zum Kunstmarkt, der nur da funktioniert, wo er dekorativ oder unterhaltend in arbeitsteiligen Ateliers entsteht.

Aber was weiss ich schon von der Kunst.

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bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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