Dienstag, 13. Oktober 2009
Dionysos for Francoinans.

Der werte Herr Kilian tritt zum ersten Mal in die Geschichte der Regionalsage ein, als er in Schweinfurt die Statue des "Lollus" in den Main schmeißt (aus: Fränkische Sagen, Diedrichs).
Lollus, oder wie die Franken ihn nannten "es Lölle", ist eine regionale Variante des Bacchus, der wiederrum eine römische Variante des Dionysos ist. Und Lollus heißt er in der Tat des Wortes "lallen" wegen (Handwörterbuch der Fränkischen Sprache). Den Burschen gab es also in Schweinfurt, selbst in Würzburg gab es einst einen Ort der "zum Lölle" hieß, aber da geht heute der Autobahnzubringer in Heidingsfeld drüber, wie ich annehme. In einer Karte von 1880 ist der Ort noch existent (wie immer: ein Hoch auf das Mayers von 1880).
Kilian war also nicht nur Bilderstürmer, man kann anhand der Sage sogar einordnen, wie lange der Kult um den fränkischen Dionysos existiert hat.

Auch Dionysos selbst (und ich vermute, dass der Gute, der ca. 900 v.Chr. zum ersten Mal auf Kreta (!) erwähnt wird, noch deutlich älter ist als der bekannte Name) wird als "der Laller" bezeichnet, denn wer im Vollrausch noch ein gerades Wort herausbekommt, hat schlicht keinen Rausch.
Und wer keinen Rausch hat, hat es schwer, die Mysterien des Lebens, das aus dem Tode fließt, zu durchleben. (Damit ist aber jetzt nicht alkoholisiertes Autofahren gemeint).

Die fränkische Kultur allerdings hat mit dem Christentum Lollus nicht nur als Papst "Urban" katholisiert, sondern mittlerweile ganz vergessen. Wenn man mal vom Weinfest-Kram absieht, der in Franken ja nahezu zwanghaft kultiviert ist. Aber hinkommen täts ja schon. Beschreibungen der Dionysien kommen ganz gut an Weinfeste hin, bei denen standes-frei geschöppelt und gevespert wird, und nur ganz wenig gebetet.
Und dass man griechische Töpferwaren der nicht ganz billigen Art auf dem Festungsberg aus der Hoch-Zeit des Dionysos gefunden hat, steht dem ganzen Assoziazionsspiel glaub ich auch nicht allzu im Wege.
Und wer hinter diesem Urban steht, krieg ich auch irgendwann noch raus. Höhö.

(!) eine DER Erscheinungsformen in durchaus nüchternem Zustand ist der Stier. Der Stier wiederum, ein Gehörnter (!!), ist nicht nur das rätselhafte Götterwesen aus Catal Hüyük, sondern auch der Minotauros von Kreta selbst, der dort in einem Labyrinth hauste und Jugendlichen die "Mysterien" verpasste. Dazu gibt es die Geschichte von Theseus, dessen Landsleute "zur Sühne" in diesen Mysterien "geopfert" wurden (auch eine Art Pädagogik: was die Griechen nicht beherrschen, das bringen wir ihnen dann eben bei, und es muss sich um etwas zutiefst antipatriarchales gehandelt haben). Theseus bezwingt den Minotaurus, flüchtet mit der kretischen Königstochter Ariadne nach Naxos, und lässt die Gute dann sitzen. Anschließend erscheint Dionysos, und ehelicht "die ihm anverlobte".
Der "Stier" ist zusätzlich der erste Buchstabe des ersten aller Alphabete. "Aleph" oder "Alpha" ("A") bedeutet "Stier" und zugleich "der Anfang, die Mutter der anderen Buchstaben".

(!!) der "Gehörnte" ist eine ältere Gottheit als alles, was sich auf schriftliche Zeugnisse stützen kann. Eine der ältesten Darstellungen des Gehörnten befindet sich in Nord-Italien, die Kelten haben ihm erstmals -- wie die Skythen -- erkennbar ein Hirschgeweih gegeben, und als solcher ist er in die Kulturgeschichte Zentral- und Nordeuropas eingegangen.

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Apropos Alphabet: Der erste Buchstabe des Älteren Futhark (Runen), "Fehu", hat die Bedeutung "Vieh" und die stilisierte Form eines Viechs mit zwei Hörnern...

:-)

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öha...

das is ja lustig... obwohl ja auch nachvollziehbar, denn die indogermanen kommen ja auch aus einer nicht ganz so weit entfernten gegend von jener, in der das ochsen-a belegt ist.
aber futhark wird eh völlig unterschätzt. :)

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by don papp (10.01.15, 21:18)

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