Samstag, 11. Oktober 2014
Mann bin ich gut!

Sehr geehrte Frau ...,

sprachlich beeindrucken Sie mit einer Eloquenz, die zwischen blumiger Metaphorik und quasi-adulter Fröhlichkeit oszilliert - für die Kommunikation mit Universitätsbediensteten und für den Moment der Kontaktaufnahme mit Hilfegesuch mitunter nicht ganz die geeignete Wahl.

...

Mit freundlichen Grüßen

Na wer sagts denn, noch keine 2 Wochen an der Uni und schon verschissen, dabei hab ich doch garnix gemacht, nur was gefragt!
Das klingt nach Darwin-Award.
So ein Scheiß.

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Messimismus.

Juhu, da hatte ich doch eins vergessen: zu jedem gebuchten Seminar oder jeder eingetüteten Übung, Vorlesung oder sonstigen Veranstaltung auf die es diese netten und nötigen ETCS gibt, muss man hinterher was tun. In diesem Fall jedesmal ein Referat und eine 10-seitige Hausaufgabe, und weil ich natürlich die Finger nicht unten halten konnte, bleiben mir jetzt nur extrem wenige Tage für ein Referat zum Thema Sammeln, Pathologie und unter der Schirmherrschaft des Messies. Auffällig auch: ich schein mich für genau die Themen zu interessieren, für die sich sonst keiner interessiert: alles was mit Kunstgeschichte nix zu tun hat und fürchterlich "dreckig" ist. Psychologie zum Beispiel.

Was also ist ein Messie? Und wo fängt man da an zu suchen, um das zu finden, was man eigentlich sucht? Laut Wikipedia ist der Messie ja nicht krank, sondern er hat eine soziale Verhaltensstörung aufgrund X, die sich dann manchmal als Messie-Verhalten zeigt, und die vor allem für den Rest der Menschheit manchmal nur schwer zu ertragen ist. Messies sind in den meisten Fällen nach außen hin nicht auffällig, viele kompensieren ihre Kompensationshandlung, und nur die ganz schlimmen Fälle schaden sich massiv selbst oder die Wohnsubstanz. Und das Vorurteil, Messies hätten keine sozialen Kontakte, kann ich so auch nicht bestätigen. Messies, die soziale Kontakte haben, haben meist eine Ehefrau, die mit eisernem Besen Regeln aufstellt, um Müll und Chaos Einhalt zu gebieten. Ich könnte Romane über dieses Thema erzählen, ohne auch nur einen Tag lang tatsächlich recherchiert zu haben. Aber ist das Sinn eines Referats?
Die Herausforderung dürfte in diesem Fall nun darin liegen, die neuronalen Wahrnehmungs-Annomalien zu beschreiben, die für die Vermenschlichung von Dingen sowie das zwanghafte "einem Ding ohne Geschichte eine Geschichte und damit eine Bedeutung geben" zu erklären, und dann, wette ich, verschüchtere ich damit wieder meine Dozentin, die es eh nicht leicht mit mir hat. Weil: vermutlich älter als sie und keine frischgebackene Abriturientin. Und was wissen Abiturienten schon über Verhaltensforschung, Kognitionsforschung oder Neurologie. Und: wie sollen sie es denn wissen können?!
Ich fürchte vorprogrammierten Ärger, selbst wenn mein Proff offenbar ein Dankes-Stoßgebet gen Himmel schickte als ich bei der Vorstellung sagte "naja, und dann kam als Einstieg in die Fachbeschreibung Walter Benjamin auf den Plan, und dann wars halt passiert". Welcher Gymnasiast kennt denn bidde Walter Benjamin ("der Analphabet des 20.Jahrhunderts wird der sein, der Bilder nicht zu lesen vermag")?! Oder, wie es in einem Fortgeschrittenen-Seminar zur Kommunikations-Kultur angegeben ist, einen gewissen Max Weber? Kamma nich voraussetzen, ich kenn die Burschen auch nur, weil ich eben keine 19 mehr bin, und mir der Herr Lektor vor langer Zeit mal eine Buchliste in die Hand gedrückt hat, die ich dann abgearbeitet habe.

Und nicht zu meinem Erstaunen schäme ich mich dafür in Grund und Boden. Weil ich es nicht schaffe so zu tun, als hätt ich keine Vergangenheit.
Denn seit der blöden Vorstellungsrunde redet keiner aus dem Semester mehr mit mir, und macht einen großen Bogen... als würde ich irgendwie streng riechen oder als hätte ich eine ansteckende Krankheit.
Aber vielleicht klappts ja dann mit den Ethnologen besser.

Trotzdem: die alte Macke schlägt wieder zu.
Dank der absolut sicheren Gewissheit niemals gut genug sein zu können, weil Funktionsunfähig in den meisten allgemeinen Bereichen des Lebens, klotze ich erst recht rein, denn wenn ich mich schon nicht benehmen kann, kann ich ja wissen und können wollen dürfen. So ein bisschen nach dem Motto "ist der Ruf erst ruiniert, studiert es sich ganz ungeniert". War auch im Erststudium so. Aber: man macht sich damit offenbar keine Freunde. Und kaum Kontakt zu Kommilitonen zu haben war für mich auch damals schon nicht einfach. Schon, weil man dann auf den Partys immer irgendwo dumm in der Ecke herumsteht. Es macht irgendwie einsam. Es gibt einem das Gefühl, nicht dazu zu gehören.
Insofern der Horror vor dem ersten Referat. Nicht, weil ich es nicht packe ein Referat zu halten, sondern weil ich ziemlich locker übers Ziel hinausdonnern kann, und dann eher zu Themaverfehlungen neige. Oder, wie im Erststudium, mit einem Dozenten zu tun habe, dem ich so ohne es zu wollen, ungut ans Bein pisse. Prinzipiell ist das sein Problem, aber er verzapft mir dann die schlechte Note. Wie im Fall der "Anzeigen-Analyse", als ich in Profiler-Manier die Anzeigen für Enthaarungscreme analysiert hatte, und so auf dem Gender-Problem herumritt, mit dem mein Dozent wohl echte Probleme hatte. Die Aufgabe lautete "Analyse", also machte ich eben eine Analyse, während der Rest des Semesters eher Bild-Text-Beschreibungen lieferte (was genau genommen halt keine Analyse ist).
Böcke wie diese schieße ich immer wieder, und dann ist die Kacke am dampfen. Ergo baue ich gerade einen fürchterlichen Angst/Scham-Komplex auf, eine ganz prima Basis für ein Messie-Verhalten.

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by ratte (28.03.18, 06:25)
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by ratte (22.03.18, 07:28)
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by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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