Mittwoch, 12. März 2014
ASPENDOS: Blumensprachenkryptogramme.

Niemand würde seine Döner-Bude nach der Stadt Perge benennen, mit Aspendos ist das aber eine ganz andere Geschichte. Im Gegensatz zu Perge ist Aspendos arhäologisch betrachtet nicht nur interessanter weil älter und jünger gleichzeitig, sondern weil es touristisch quasi voll erschlossen ist. Und das wiederum ist so, weil es über ein beinah komplett erhaltenes Amphitheater verfügt, und nicht ausschliesslich aus Trümmern besteht.
Die Leute wollen ja was zu gucken haben, ohne dass man sich bei den herumliegenden Trümmern ein eigenes Bild machen muss.
Dabei besteht das eigentliche Aspendos noch aus einem nach wie vor bewohnten Dorf am Fuss des Berges, und die Menschen leben dort nicht nur zwischen den Ruinen, sondern die Hälfte der Häuser -- das sieht man allerdings erst von oben -- besteht aus klassischen römischen Wohnhäusern aus Stein, ähnlich, wie man es in Italien auf dem Land heute noch findet.

Das Theater hat mich -- weil ich generell Amphitheater stinklangweilig finde -- eigentlich nicht interessiert. Interessanter fand ich dann eher die Arbeiten "hinter der Kulisse", denn das Theater wird gerade einer Sarnierungskur unterzogen, sodass das gute Stück wieder als Theater nutzbar gemacht werden kann und voll begehbar ist. Dutzende von Arbeitern waren am mörteln, Steinehauen, Kabelziehen. Es regnete gerade nicht, also zeichnete ich das.

Der Rest des Arreals (und das deutlich größere) hingegen ist wie Perge auch eine Ansammlung von Büschen, Bäumen, seltenen und atemberaubenden Pflanzen (ein Botaniker hätte seine wahre Freude) und herumliegenden Gesteinsbrocken. Manchmal schwer zugänglich, an manchen Stellen nahezu lebensgefährlich.
Rechter Hand des Aufstiegs ein "Tempel". Und nachdem mich Tempel ja nunmal magisch anziehen, konnte ich dort auch gleich drei energiereiche Stellen orten. Aber keine Szene wie in Goseck. Nur der Blick auf die umgebenden Berge, der einem schier den Atem verschlägt. Doch beim Verlassen des Tempelrestes passierte es dann.

Semele war ihr Name, Sklavin der Göttin Athena, senfgelbes Gewand.
"Komm mit."
Ich also hinterher.
Die haben ihre Gründe, und weglaufen kann ich eh nicht.
Der Bodenradar sagte mir: hier waren politische Dinge passiert. Druck im Kopf und im Bauch.

Sie führte mich den Berg hoch, und wir gelangten so zu einem Areal, das wohl einmal eine Halle mit Apsis gewesen war, und gefüllt mit Steinblöcken, über die man klettern musste, wenn man ins ehemalige Innere gelangen wollte. Ein Hoch auf meine Lowas, aber zum Klettern zwischen solchen Brocken taugen Turnschuhe mit dünnen Sohlen besser, weil die Füße den Fels besser tasten und so besseren Halt finden können.
Im Inneren des ehemaligen Baus, von dem nur drei Wände und eine Art Treppenpodest geblieben sind, zeigte sich mir dann die Szene von übereinander herfallenden Männern in Tunika und Toga, hart diskutierend und sich prügelnd, weniger blutig als handgreiflich.
"Sie machten einen Aufstand" flüsterte Semele, "hier ging es zu Ende. Die Seldschuken haben alles zerstört, du musst das hier wieder aufbauen um den Schatz zu finden."
Klar. Ich kann das hier nicht wieder aufbauen, sagte ich ihr und erklärte wieso. Und wer überhaupt waren die Seldschuken? Hier flogen nur Trümmer klassisch griechischer und römischer Bauweise durcheinander. Und was meinte sie mit "Schatz"?

Die Nummer mit dem Schatz gab mir Rätsel auf, bis mein Sohn spontan antwortete: "Na, die Freiheit ist der Schatz."
Freiheit? "Wenn ihr das so nennt wenn man sich selbst versklavt weil man sich dem Glauben unterwerfen muss, dass ein Gott das so will, ja. Wenn man die Wahl nicht mehr hat zu erkennen ob man Sklave ist oder nicht, ja. Denn es ist besser zu wissen, dass man Sklave ist, als es zu sein und zu glauben, man sei es nicht." stimmte Semele zu. Und wieder ein "Komm mit."
Sie führte mich an das, was wohl vor Urzeiten einmal ein Fenster gewesen war, und zeigte mir die Berge. Tafelberg rechts, Tafelberg links, Tafelberg in der Mitte. Symmetrisch wie mit dem Lineal abgemessen. Auf dem mittleren Tafelberg also würde ich weitere Puzzleteile finden. Die Stille selbst machte einen nahezu körperlos. Als ich aber ans "Fenster" trat, fingen mit einem Mal alle Hunde, Ziegen, Schafe, Kühe, Hühner und Hähne der umliegenden Gegend an, einen unglaublichen Krach zu machen. Es würde ein "Erdbeben" geben, fragte sich nur, wann.
Blöderweise hatte ich mir meine Position nicht richtig gemerkt, der Tafelberg musste irgendwo nordost-ostwärts liegen.

Beim Besteigen und Erkunden der restlichen Ruinen hatten wir uns grandios verlaufen, hin und wieder goss es in Strömen, und am Ende waren wir froh, den Eingang wieder zu finden, und dort einen Becher Kaffee ordern zu können.
Am Nebentisch saß ein türkischer Gruppenreiseleiter mit einer seiner Grüpplinge -- sie unterhielt sich über das Zeichnen und den Rückzug von der Gruppe, er erzählte, dass die Menschen in letzter Zeit mehr wissen wollten, und es sei wichtig diese Orte zu besuchen. Vor allem für die Türken selbst. Ein neues Zeitalter bräche an, das sei spürbar selbst für ihn, der weder mit dem Zeichnen noch mit der Kunst irgendwas am Hut hätte.
Ich trank, völlig durchnässt, meinen Kaffee, und hielt die Klappe. Erst am Abend verabschiedete ich mich von Semele, nachdem wir uns Richtung Selge verfuhren und umkehren mussten, in ein fürchterliches Unwetter kamen, und völlig erschöpft in die Betten fielen.

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by ratte (28.03.18, 06:25)
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by sakana (22.03.18, 17:05)
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mit meinem frisch und ungewaschenen Hals, und wundere mich über...
by ratte (22.03.18, 07:28)
denken ist nicht degoutant lies
das wintermärchen doch einfach mal da wirst du vieles von...
by wilhelm peter (10.01.15, 22:30)
den heine zu bringen,
bei diesem text. da muss ich mich räuspern. entschuldigung.
by don papp (10.01.15, 21:18)

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